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Galgenumfeld

 

Neben den Galgen standen auf den Hinrichtungsstätten meist noch Kreuze oder Marterln, bei denen die Delinquenten zum letztem Mal beten und sich von ihren Angehörigen verabschieden durften. Oft errinnern noch die heute verwendeten Namen der Objekte an ihren ehemaligen Zweck. Ein typisches Beispiel sind u.a. die Arme-Seelen- oder Arme-Sünder-Marterln/Kreuze. Hier ist am Namen schonmal erkennbar, daß diese Bauwerke für die zum Tode verurteilten "armen Sünder" dienten.

Betrachten wir also mal das Umfeld des gerade ausgebuddelten Kreuzes:

Treffer. Die Galgenbergstraße liegt wahrlich nahe genug. Entschuldigung an die Anwohner. Ich meine natürlich, dass der alte Platz des Galgens nahe genug bei diesem Kreuz war.

Kommen wir denn auch mal zu dem Kreuze, hier nehmen wir zwei Bilder aus der Skizzensammlung (Orig. Kl. Ko.).

Beginnen wir unten und springen später nach oben:

Gerichtswahrzeichen, also die Weiterentwicklung des hölzernen oder steinernen Gerichtspfahls zum Steinkreuz, und somit die Kategorisierung des Objektes als Gerichtskreuz liegt nahe, da das Steinkreuz sich auf einem stufenförmigen Sockel erhebt. Der Stufensockel ist eine Weiterentwicklung des "Stapels", des Gerichtssteins, der dem Richter bei der Eröffnung des Gerichts und der Verkündigung des Urteils als erhöhter Standplatz diente (vgl. ilh. Hücker, Dortmunder Stapelgüter und Stapelleute, in: Beitr. z. Gesch. Dortmunds u.d. Grafschaft Mark. Bd.43, Dortmund 1937 S.123ff).
Da das Kreuz jedoch kein crux commissa (Antoniuskreuz) ist, muss eine Feinkategorisierung erfolgen. Denn eine Anbringung von Gerichtswahrzeichen war hier kaum vorgesehen, da der durchgehende Balken fehlt. Somit handelt es sich um ein Gerichtswahrzeichen in Sekundärfunktion oder auch Symbolisches Gerichtswahrzeichen (vgl. Prof. Schöller), womit schlicht gemeint ist, dass hier die Delinquenten in einem glaubensgeprägtem Umfeld Buße tuen konnten/mussten, bevor sie ihr Leben verloren. Das Kreuz war also ein fest integrierter Bestandteil des Hinrichtungsprozesses/-ablaufes.

Da Roden zum Kloster Mettlach, dann der Abtei Tholey, dann zur Abtei Wadgassen usw. gehörte, kann man diese Vermutung so stehen lassen.

Und schauen wir hoch aufs Kreuz selbst:

Sehr deutlich ist die Jesusfigur, die für die Erlösung steht. Dominant, fast zu dominant für ein "normales" Kreuz ist der Totenkopf.

Nun ist es in der christlichen Tradition an und für sich nichts ungewöhnliches, dass Totenköpfe Kreuze zieren. Denn der Totenkopf bzw. die gekreuzten Gebeine standen als Symbol für die Überreste Adams resp. Menschen und Sachen die in Vergessenheit geraten. Eine andere Interpretation des Totenkopfes sieht darin das Zeichen für Johannes den Täufer.

Normalerweise könnte man das Ganze so deuten: der untere Teil des Kreuzes zeigt zu den Füßen des Heilands einen Totenkopf und Knochen, die auf die Vergänglichkeit der Menschen auf Erden erinnern sollen. In diesem Zusammenhang hier noch ein Zitat.

IN: "Glaube und Kreuze", 1963: ...der Präsenz des Todes, der als Schädel, ausgehende Kerze, Stundenglas symbolisiert wird. Gleichzeitig erinnert sie den Menschen an seine Hoffnung: die Erlösung durch das Selbstopfer Christi. Der Tod kam durch die Sünde in die Welt, Christus hat den ewigen Tod aufgehoben. Die Kombination von Kruzifix und Totenkopf zeigt das Gesamtkonzept: die Verfallenheit dem Tode ebenso wie die Hoffnung auf ewiges Leben. Viele Kruzifixe wurden deshalb auf einen Schädel basiert, bei vielen Kreuzigungsdarstellungen tritt der Tod als Begleiter auf."

Da dieser Schädel nun wirklich stark ins Auge fällt, darf die These, dass hier die "armen Sünder", dem Tode geweiht, ein letztes Mal beten durften, als gesichert gelten.

Dabei sollte man sich aber folgendes vor Augen führen. Ein solches Kreuz steht für all die Todeskandidaten die hier vorbeigingen und all das Volk, dass den Hinrichtungen beiwohnte. Vergleicht man alte Schriften kann man recht schnell feststellen, dass es Ereignisse waren - und so manche Wetzrille (siehe auch: Wetzrillen und Schabnäpfchen) dürfte schlicht als Erinnerungsbringer gedient haben; hierzu sei die Lektüre der Handschriften des Benediktinermönches F. August empfohlen, der gerade diese Dinge anmahnt, da man geweihtes Kirchengut schädigt, "ohne Sinn und ohne Verstand" (Hinweis: Translation in aktuelles Hdt.). Denn so ganz anders als wir heute waren unsere Vorderen auch nicht. Nur sammeln wir meist Muscheln, lassen mal ein Handtuch mitgehen, erleichtern ein Bauwerk um eine Klitzekleinigkeit - man will halt etwas Handfestes zur Erinnerung haben.

Nichts desto trotz war der Brauch des Abscharbens von Steinmehl zur Kurierung von Krankheiten auch in unserer Gegend verbreitet und so manche Spur wird wohl auch davon rühren.

Da Roden nicht lange genug selbstständig und damit mit eigener Gerichtsbarkeit ausgestattet war, zudem nicht besonders reich, fehlen die normalerweise auffindbaren Dismasstatuen späterer Jahre und es blieb beim Bildstock, der den Weg der Toten zierte.

IN: Bibel 80; Lk 23,39-43 - "Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts unrechts getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst. Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein."

Dismas, so hieß der gute Schächer im Unterschied zu Gestas dem unreuigen Verbrecher, wurde außerdem zum Patron der zum Tode Verurteilten ernannt und daher an Hinrichtungsstätten verewigt.

 

Kommen wir aber wieder zum Kreuz zurück.


Ph.: Kiefer

um 1668: Kreuzaufstellung (ungesichert; Daten Ab. Th. fehlen), um 1703 Kreuzaufstellung (Stein; vgl. Reg. Ab. Wa.)
1789 bis 1799: Vermutlich Beschädigungen am Kreuz; aber reine Vermutung ohne Beleg. Dagegen spricht eigentlich die Abseitslage des Dorfes Roden. Dafür die zahlreichen Verwüstungen an anderen Kreuzen.
1824: Weihe nach erfolgter Restauration 1824 durch Pfarrer Nikolaus Bicking (1795 bis 1838)
1848: Ablehnung der erneuten Weihe durch Josef Wilhelm Thirion (1838 bis 1888); Sockelarbeiten (vgl. pr. Archiv/Berlin)

4. August 1848, also im Zuge der Märzrevolution, stand die Abschaffung der Todesstrafe im preußischen Gebiet zur Debatte (nur halt nicht aus Sicht des preuß. Königs). Damit auch im Großraum Saarlouis. Mit Gründung des Dt. Kaiserreiches und zur Vereinheitlichung der Rechtssprechung, wurde 1871 in Paragraph 211 des Reichsstrafgesetzbuches für das Gesamtgebiet des Kaiserreichs als Strafe für vollendeten Mord und in § 80 für Mord und Mordversuch an Kaiser oder Landesherrn vorgeschrieben. Als Hinrichtungsmethode wurde das Enthaupten festgelegt (Ausnahme wie immer: Bayer - dort wurde Erschossen).


lPh.: Publ.. RGK; rPh: Rek.

Sieht man sich das linke Kreuz so an, siehts ja fast gut aus. Vergleicht man aber beide Darstellungen oder zieht obige Skizze hinzu fällt recht schnell auf, dass da einiges Material fehlt. Nun ja, hoffen wir mal, dass bei der Rekonstruktion nicht zuviel "Neues" hinzukommt und die alten Bruchstücke/Fragmente ebenfalls alle gesammelt wurden.

Denn dann hat Roden endlich wieder das Original-Zeichen der Todeskandidaten an der Mühlenstraße. Fehlt eigentlich nur noch der Galgen ;-)

Spaß beiseite: ich kann ehrlich gesagt verstehen, wieso zum einen niemand dieses Kreuz zerstören wollte, da es sich trotz allem um ein geweihtes Objekt handelt, zum anderen aber auch niemand es ausgraben und in seinen Garten stellen wollte. Denn beten sollte an diesem Kreuz eigentlich nur ein zum Tode Verurteilter und bei dem Gedanken bekomme ich gerade Gänsehaut.

 

 

 

 
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